Erst denken, dann sprechen
Abmahnungen sind eine ernst zu nehmende Sache und sollten aus rechtlicher Hinsicht gut überlegt werden.
Als Vorstufe einer eventuellen Kündigung muss diese unter einer ganz besonderen Form ausgesprochen werden. Was dabei zu beachten ist und welche Konsequenzen eine Abmahnung hat, lesen Sie in diesem Artikel.
Funktion der Abmahnung
Vor Ausspruch einer Kündigung aus Gründen, die im Verhalten des Arbeitnehmers liegen, ist
als milderes Mittel grundsätzlich eine Abmahnung auszusprechen. Die Abmahnung ist
insoweit als Vorstufe zu einer Kündigung entwickelt worden. Sie hat den Sinn, dem
Arbeitnehmer einen Vertragsverstoß vor Augen zu führen (Beanstandungsfunktion) und ihm
gleichzeitig aufzuzeigen, dass er im Wiederholungsfall mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen,
insbesondere mit einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechnen muss (Warnfunktion),
vgl. BAG, Urteil vom 19.04.2012 - 2 AZR 258/11. Wenn aus anderen als verhaltensbedingten
Gründen, also z. B. betriebsbedingt oder personenbedingt, eine Kündigung erfolgen soll, so
ist eine Abmahnung nicht erforderlich, da diese Kündigungen nicht mit einem schuldhaften
Verhalten des Arbeitnehmers begründet werden.
Entbehrlichkeit einer Abmahnung
Es gibt jedoch auch so schwerwiegende Verstöße, bei denen eine Abmahnung vor der
Kündigung nicht erforderlich ist, weil der Arbeitnehmer von vornherein mit einer Duldung
seines Verhaltens nicht rechnen konnte. Hierbei handelt es sich insbesondere um Verstöße,
die den Vertrauensbereich betreffen (z. B. Vermögensstraftaten zum Nachteil des
Arbeitgebers, Tätlichkeiten oder grobe Beleidigungen, Spesenbetrug, Missbrauch von
Kontrolleinrichtungen).
Form und Inhalt einer Abmahnung
Im Hinblick auf die Beanstandungs- und Warnfunktion der Abmahnung muss der
Sachverhalt, der den Gegenstand der Abmahnung bildet, so genau wie möglich beschrieben
werden. Der Arbeitnehmer soll daraus klar erkennen können, was an seinem Verhalten
beanstandet wird und auch konkret wissen, was er in Zukunft unterlassen bzw. verbessern
soll. Diesem inhaltlichen Bestimmtheitserfordernis genügen daher pauschale Behauptungen,
wie z. B. schlechte Arbeitsleistungen, nicht hinnehmbares Verhalten oder Unzuverlässigkeit,
nicht.
Die Einhaltung einer bestimmten Form ist keine Wirksamkeitsvoraussetzung für eine
Abmahnung. Auch mündliche Abmahnungen sind wirksam. Aus Beweisgründen sollten
Abmahnungen aber schriftlich erteilt werden. Mündliche Abmahnungen sollten entweder
unter Zeugen erfolgen oder schriftlich wiederholt werden. Eine Kopie der Abmahnung wird in
die Personalakte aufgenommen.
Wer darf abmahnen?
Abmahnungsberechtigt sind nach herrschender Meinung nicht nur kündigungsberechtigte
Personen, sondern alle Mitarbeiter, die nach ihrer Aufgabenstellung befugt sind,
Anweisungen wegen des Ortes, der Zeit sowie der Art und Weise der zu verrichtenden
Tätigkeit zu erteilen.
Wirkungsdauer einer Abmahnung
Eine Abmahnung wird nicht nach dem Ablauf einer bestimmten Regelfrist wirkungslos,
vielmehr ist über den Verlust der Abmahnungswirkung durch Zeitablauf anhand der
Einzelfallumstände zu entscheiden.
Rechte des Arbeitnehmers
Vor Ausspruch der Abmahnung ist der Arbeitnehmer grundsätzlich anzuhören, auch dann,
wenn dazu keine besondere Regelung, etwa in einem Tarifvertrag, besteht. Bei Aufnahme
einer Abmahnung in die Personalakte steht dem Arbeitnehmer das Recht zur Aufnahme
einer Gegendarstellung zu. Darüber hinaus hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf
Entfernung einer unwirksamen Abmahnung aus der Personalakte.